Wie man rechtskonform enterbt

Durch das Erbrechts-Änderungsgesetz werden die Enterbungsgründe erweitert.

Schon das römische Recht vor rund 2000 Jahren ging zwar von der „Testierfreiheit“ aus, sah jedoch vor, dass den „natürlichen Erben“ ein Anteil am Erbe zukommen sollte. Der Verstorbene konnte daher nur über einen Teil seines Vermögens letztwillig (also durch Testament, Vermächtnis oder Schenkung) frei verfügen. Das österreichische Recht folgt dieser römisch-rechtlichen Tradition, doch hat der Gesetzgeber jüngst die Verfügungsmöglichkeiten des Erblassers erweitert. Die Änderungen treten am 1.1.2017 in Kraft.

Pflichtteilsrecht
Zukünftig sind nur mehr Nachkommen und Ehegatten oder eingetragene Partner pflichtteilsberechtigt. Sie erhalten zumindest die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils. Durch Testament kann der Verstorbene in der Regel also nur über den freien Rest seines Vermögens verfügen. Der Pflichtteil kann auf die Hälfte gemindert werden, wenn über lange Zeit (etwa 20 Jahre) kein Naheverhältnis bestand.

Absolute Erbunwürdigkeitsgründe
Absolute Erbunwürdigkeitsgründe wirken von Gesetzes wegen, ohne dass es einer letztwilligen Anordnung bedarf. Wer einen solchen Grund verwirklicht hat, kann nicht mehr erben, außer der Erblasser verzieh ihm. Wer gegen den Erblasser oder gegen den Nachlass eine gerichtlich strafbare Handlung vorsätzlich begangen hat, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, ist erbunwürdig. Das gilt auch für Pflichtteilsberechtigte, die den letzten Willen vereitelten, etwa indem sie Zwang auf den Erblasser ausübten oder ein Testament unterdrückten.

Enterbung und relative Erbunwürdigkeit
Enterbung ist die Entziehung des Pflichtteils durch letztwillige Verfügung. Der Erblasser muss also in einem Testament anordnen, dass ein Pflichtteilsberechtigter keinen Pflichtteil bekommen soll. Wie das im Tes­tament ausgedrückt wird, ist dabei gleichgültig: Es reicht sogar, wenn der jeweilige Pflichtteilsberechtigte einfach übergangen wird (stillschweigende Enterbung). Ein Enterbungsgrund muss im Testament nicht angegeben werden; ein solcher Grund muss aber vorliegen und von den übrigen Erben bewiesen werden. Um ihnen den Beweis zu erleichtern, sollte der Erblasser deshalb schon zu erkennen geben, warum jemand enterbt werden soll.

Eine Besonderheit ist die „relative Erbunwürdigkeit“: Wenn der Erblasser keine Enterbung verfügen konnte, etwa weil er einen Enterbungsgrund nicht kannte, wirken einige Enterbungsgründe auch ohne Enterbung schon von Gesetzes wegen. Das Gesetz zählt die Enterbungsgründe ausdrücklich und abschließend auf: Gewisse strafbare Handlungen gegen den Erblasser, aber auch gegen nahe Angehörige, berechtigen zur Enterbung. Auch sonstige Taten fallen darunter, wenn der Pflichtteilsberechtigte zu einer zumindest zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Enterbt werden kann auch, wer den letzten Willen zu vereiteln versuchte, wer dem Erblasser schweres seelisches Leid zufügte oder wer seine Pflichten aus dem Familienverhältnis gegenüber dem Verstorbenen gröblich vernachlässigte.

artikel_8_8Im Streitfall müssen die übrigen gesetzlichen oder testamentarischen Erben beweisen, dass ein enterbter Pflichtteilsberechtigter einen Enterbungsgrund gesetzt hat. Dr. Rupert Manhart, RA in Bregenz

 

 

 

 

Kurz informiert:
Das ABGB zählt die Enterbungsgründe, die zum Entzug des Pflicht­teils berechtigten, abschließend auf. Ein Sonderfall ist die Enterbung aus guter Absicht: Wenn die Gefahr besteht, dass der Pflichtteil Gläubigern des verschuldeten oder verschwenderischen Pflichtteilsberechtigten zufällt, kann der Pflichtteil an dessen Stelle seinen Kindern zugewendet werden.

 

Leave a Comment