Verwitwet: Pension trotz Scheidung möglich?

Ansprüche nur unter ­strengen Voraussetzungen.

Immer wieder stellt sich im Zusammenhang mit Scheidungen die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen nach der Scheidung ein Anspruch auf Witwenpension besteht. Diese Frage ist mit einem bedingten „ja“ zu beantworten. Geschiedene Ehegatten haben unter bestimmten Umständen Anspruch auf Witwenpension. Um Missbrauch zu vermeiden, hat der Gesetzgeber den Anspruch auf Witwenpension nach Scheidung allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft. Nur ein gerichtliches Urteil oder ein gerichtlicher Vergleich oder eine vor Auflösung der Ehe eingegangene vertragliche Verpflichtung stellen einen Titel dar, aus dem eine Witwenpension abgeleitet werden kann. Der Titel muss den nachehelichen Unterhalt regeln und im Zeitpunkt des Todes des Versicherten bereits vorhanden sein. Darüber hinaus muss sich die Höhe des Unterhaltes entweder aus dem Titel ziffernmäßig ergeben oder zumindest ohne großen Verfahrensaufwand bestimmbar sein.

Hiervon gibt es folgende Ausnahme:
Ein Anspruch auf Witwenpension nach einer Scheidung besteht ohne qualifizierten Unterhaltstitel auch dann, wenn der Verstorbene ab einem Zeitpunkt nach Rechtskraft der Scheidung bis zu seinem Tod, mindestens während der Dauer eines Jahres, regelmäßig Unterhalt geleistet hat und die Ehe mindestens 10 Jahre gedauert hat. Auf diese „faktische Unterhaltsleistung“ sollte man sich aber nie als Ersatz für einen Unterhaltstitel verlassen; wenn nämlich der Unterhaltsverpflichtete vor Ablauf eines Jahres ab Rechtskraft der Scheidung stirbt oder die Unterhaltszahlungen vor dem Tod nicht regelmäßig ein ganzes Jahr lang erfolgen, besteht kein Anspruch auf Witwenpension.

Da die wenigsten Unterhaltsberechtigten die Zukunft vorhersagen können, empfiehlt es sich daher, aus witwenpensionsrechtlichen Gründen jedenfalls einen Unterhaltstitel zu schaffen und sich nicht auf die faktische Unterhaltsleistung zu verlassen. Es besteht kein Anspruch auf Witwenpension, wenn der Unterhaltsanspruch im Todeszeitpunkt (z. B. wegen einer aufrechten Lebensgemeinschaft oder entsprechendem Eigeneinkommen des Hinterbliebenen) geruht hat. Auch eine Abfindung von Unterhaltsleistungen gewährt keinen Anspruch auf Witwenpension. Die Witwenpension nach Scheidung ist grundsätzlich mit der Höhe des Unterhaltes beschränkt, der geschuldet wurde.

Diese Begrenzung gilt nur dann nicht, wenn ein auf Scheidung lautendes Urteil gemäß § 55 EheG vorliegt, in dem das alleinige oder überwiegende Verschulden des unterhaltsverpflichteten Klägers festgestellt wurde, die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert hat und entweder der Hinterbliebene im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils das 40. Lebensjahr bereits vollendet hat oder seit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils erwerbsunfähig ist oder eine Waisenpension für ein Kind aus dieser Ehe bezahlt wird. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, besteht unabhängig von der Höhe des titulierten Unterhaltsanspruches ein Witwenpensionsanspruch in derselben Höhe wie bei aufrechter Ehe. Existiert kein Unterhaltsanspruch, gewährt auch ein Urteil nach § 55 EheG aus dem Verschulden des Klägers keine Witwenpensionsansprüche. Lebensgefährten erwerben grundsätzlich weder bei aufrechter Lebensgemeinschaft noch nach ihrer Trennung Witwenpensionsansprüche. Da die Folgen einer Scheidung so weit in die Zukunft reichen, dass sie nur schwer absehbar sind, empfiehlt es sich, Informationen bei fachkundigen Beratern einzuholen. Ihre Rechtsanwälte beraten Sie hiezu gerne.

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Unter bestimmten – ­allerdings strengen – Voraussetzungen haben auch geschiedene Ehegatten einen Anspruch auf Witwenpension. Dr. Birgitt Breinbauer, ­Präsidentin der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer

Kurz informiert:
Die Folgen der Scheidung auf die Witwenpension müssen bereits bei der Scheidung mitbedacht werden. Witwenpension nach Scheidung gebührt – von einer Ausnahme abgesehen – nur dann, wenn der Versicherte dem Hinterbliebenen zur Zeit seines Todes aufgrund eines qualifizierten Titels Unter­halt leisten musste.

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